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LEIBIS Geplante Verordnung zur Talsperre könnte Jobs und Lebensqualität kosten
Zonengrenzen teilen die Ställe

15. 06. 2006 (Artikel erschienen im Freien Wort, Link)

VON REDAKTIONSMITGLIED JENS VOIGT
Bei knapp 60 Metern liegt derzeit der Pegel in der Talsperre Leibis. Wasser von hervorragender Qualität, wie Fernwasser-Geschäftsführer Jens Peters schwärmt, der deshalb per Ausnahmegenehmigung schon in den nächsten Monaten das Leibiser Nass ins Netz speisen will. Doch rund um die Talsperre wachsen Zweifel, ob der Branchen-Sinnspruch "Wasser ist Leben" wirklich zutrifft.
Das Problem liegt in den Schutzzonen, die um die Talsperre ausgewiesen werden. Als Grundregel gilt: Je näher menschliche Tätigkeit dem künstlichen See rückt, desto größeren Einschränkungen wird sie unterworfen. Das reicht von strengen Abwasservorschriften über das Verbot von Neubauten bis zur Straßennutzung. Dass das Leben mit der Talsperre auch zu Einschnitten führen würde, war den Menschen in der Region seit Beginn der Planungen bewusst. Doch jetzt, da ein erster Entwurf der Schutzzonen-Verordnung die Runde macht, werden die Sorgen akut, das saubere Wasser könnte einiges mehr kosten als die rund 500 Millionen Euro für den Bau von Leibis - Arbeitsplätze und Lebensqualität.

Zum Beispiel in Meura. Das Dorf ist seit Jahrzehnten für seine Haflinger-Zucht bekannt, um das Gestüt hat sich ein solider Tourismus entwickelt. Leider aber liegen wichtige Weideflächen der Pferde im Schlagetal direkt über der Talsperre. Gemäß Verordnungsentwurf dürfen künftig die Tiere nicht näher als fünf Meter zum Bach weiden - was in dem engen Tal bedeutet, die Futterflächen ganz aufzugeben. "Haflinger sind nun mal keine Ziegen", meint eine Gestütsmitarbeiterin, "die brauchen Platz". Selbst wenn die Pferde zusammenrücken würden, wäre die Weide kaum zu bewirtschaften. Denn mangels Zugang zum Bach müssten Wasserwagen für Labe sorgen - die indes das Tal kaum noch erreichen können, wenn die jetzige Straße laut Verordnung gesperrt wird.

Auch in den Ställen droht Absurdistan, weil die Grenze zwischen den unterschiedlich strengen Zonen mitten durch die Anlage verläuft. Während in zwei Ställen noch "einigermaßen normaler" Betrieb möglich wäre, so die Mitarbeiterin, dürfte in den Hallen nebenan auch nicht ein Tropfen Pferde-Urin in den Boden gelangen. "Da müssten wir den Tieren schon Windeln anlegen", kommentiert die Haflinger-Fachfrau sarkastisch, "oder den Stall fliesen."

Firmen-Aus droht
Ähnlich trifft es die Schmiedefelder Alm GmbH. Auch durch ihre Stallanlagen zieht sich auf dem Papier eine Zonengrenze, die nach rein hydrologischen und geologischen Kriterien definiert wurde. "Ein paar Meter Verlegung würden schon helfen", meint die Rohrbacher CDU-Landtagsabgeordnete Carola Stauche.

Während das Thüringer Wassergesetz, auf dem die Schutzzonen-Verordnung beruht, für betroffenen landwirtschaftliche Unternehmen wenigstens noch Entschädigungsleistungen enthält, sehen Industrieunternehmen ihre Felle schon den Piesau- oder Lichtebach hinunterschwimmen. Bei der Deutschen Foamglas in Schmiedefeld etwa kalkuliert Betriebsleiter Hans-Jürgen Klingler mit erheblichen Mehrkosten, müsste die Firma wegen der Schutzzone ihre Abwasseranlagen aufrüsten. "Das könnten wir aber nicht über die Produktpreise ausgleichen", sagt Klingler, "der Wettbewerb ist knallhart." Vor allem würde der faktische Baustopp jegliche Erweiterung ausschließen und Modernisierungen erschweren. Damit habe das Werk, das zur amerikanischen Corning-Gruppe, de facto keine Perspektive mehr. "Die Standortschließung ist damit nur eine Frage der Zeit", fürchtet Klingler, der wegen der somit gefährdeten rund 60 Arbeitsplätze die Konzernleitung bisher "nicht so ganz genau" über die Schutzzonen-Pläne ins Bild gesetzt hat.

Wie andere auch hat Klingler kürzlich bei einer Veranstaltung mit Abgesandten des Landesverwaltungsamtes seine Einwände vorgetragen. Dass der Protest dort teils heftig ausfiel, kann Alexandra Seelig als Chefin der Verwaltungsgemeinschaft Lichtetal am Rennsteig gut nachvollziehen. Erst seien die Einwohner jahrelang auch mit dem angeblichen Talsperren-Aufschwung besänftigt worden, als ihre Straßen zu Bau-Magistralen wurden, nun mische sich in die Enttäuschung über die verhaltene Stau-Konjunktur auch noch die Sorge um bestehende Jobs. Auch in Lebensqualität greife das Zonen-Konzept ein - bis hin zum faktischen Verbot umweltschonender Wärmepumpen, weil die nötigen Bohrungen tabu sind, zürnt Seelig.

Etwas spät reagiert
Dass sich die Aufregung, die sie auch in die Stellungnahme der VG aufgenommen hat, lohnt, zeigten die Gesprächstermine, die etliche betroffene Firmen inzwischen beim Landesverwaltungsamt erhalten haben. "Wir sind für sauberes Trinkwasser und für die Talsperre", macht Seelig deutlich, "aber wir wollen unsere Orte nicht zuschließen müssen wie Leibis."

Das findet, obgleich nicht in gleicher Deutlichkeit, auch Carola Stauche. "Vorn Leibis feiern und hinten die Firmen zunageln, das geht nicht." Die Beschwerden der Bauern hat Stauche deshalb weitergereicht zum Kollegen Horst Krauße, der sie demnächst in den Umweltausschuss tragen wird. "Ein bissel spät", räumt Stauche ein; es gab, Stichwort Werraversalzung, halt sovieles andere zu tun.

Zu tun hatte gestern auch der zuständige Bearbeiter im Landesverwaltungsamt, der hätte sagen können, ob und wann es in Sachen Schutzzonen noch Bewegung gibt: Der Mann sah sich vor Ort an, wie seine Grenzen Ställe teilen.

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