21.10.2003
PRESSEMITTEILUNG

Weiche Standortfaktoren als Entwicklungschancen
Zur aktuellen Diskussion um die FFH-Gebietsnachmeldungen des Landes Thüringen

Die in Thüringen engagierten Vereine: Arbeitsgruppe Artenschutz Thüringen, Arbeitskreis Heimische Orchideen, BUND Thüringen, GRÜNE LIGA Thüringen, Heimatbund Thüringen und der NABU Thüringen sehen in der Ausweisung von FFH-Gebieten nicht nur die Chance, europaweit selten gewordene Biotope und Arten zu schützen, sondern auch einen Beitrag zum Erhalt unserer typischen Thüringer Kulturlandschaft, daß was gemeinhin auch als Heimat bezeichnet wird.

Auf Unverständnis bei den Verbänden trifft die harsche und unsachliche Kritik vor allem aus Südwestthüringen. Entgegen der unlängst veröffentlichten Meinung einiger kommunaler Vertreter bietet die EU-Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen die Möglichkeit der langfristigen Förderung von Landwirtschaft und der Entwicklung des ländlichen Raumes. Insbesondere vor dem Hintergrund der künftigen EU-Agrarförderpolitik, die eine stärkere Förderung des ländlichen Raumes und hier vor allem für Agrar-Umwelt-Maßnahmen vorsieht. Die Förderung einer nachhaltigen Landbewirtschaftung bedeutet gerade für Gebiete mit einem hohem FFH-Anteil eine hervorragende Entwicklungschance. Neben dem Erhalt und der Pflege der besonderen Natur- und Landschaftsgüter, sind auch positive Effekte für den Arbeitsmarkt zu erwarten, denn nachweislich werden durch eine umweltverträgliche (ökologische) Landwirtschaft neue Arbeitsplätze geschaffen.

Für uns Verbände ist es nicht nachvollziehbar, daß sich Landräte und Bürgermeister insbesondere aus Südwestthüringen so vehement gegen die FFH-Gebietsausweisung aussprechen und diese als Hindernis für wirtschaftliche Entwicklung bezeichnen. Trotz des Löwenanteils der schon bestehenden Gebietskulisse in Südwestthüringen, liegt diese Region in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung vor Ost- und Nordthüringen. Die Halbzeitbewertung des Operationellen Programms Thüringens (Mai 2003) weist eine überdurchschnittliche Förderung der Region Südwestthüringen durch EU-Strukturfondmittel aus, z. Bsp. bei Investitionen in die Infrastruktur für die gewerbliche Wirtschaft. Aber auch Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe flossen verstärkt in die Region Südwestthüringen. Insbesondere wurden Gelder aus dem Kultur-Landschaftsprogramm (KULAP) in Anspruch genommen.

Thüringen hat eine besondere Verantwortung für Habitate und Arten, die sich hier noch wohl fühlen und ausbreiten, so die Philosophie der FFH-Richtlinie. Genau diese damit verbundenen Strukturen sind es, die Thüringen so attraktiv machen, auch für den Tourismus. Ausgedehnte Buchenwaldbestände, Bergwiesen und Orchideenstandorte auf Trockenrasen, um nur einige zu nennen, können mit Hilfe der Ausweisung als Schutzgebiet nicht nur erhalten werden, aufgrund der Förderung durch die EU haben diese Strukturen auch eine Zukunft. Die FFH-Ergänzungsförderung von 50,00 €/ha für die Beweidung von Streuobstwiesen leistet da einen wichtigen Beitrag.

Die Thüringer Kulturlandschaft ist einer der wichtigsten weichen Standortfaktoren. Ohne die Erhaltung von sogenannten „weichen Standortfaktoren“ wird es keine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation geben. Angestellte und Arbeiter wollen nicht mehr identifiziert werden mit grau verhangenen Industriestandorten und „Arbeiterschließfächern“. Der Anspruch auf ein attraktives Wohnumfeld ist bei einer Standortwahl ebenso bedeutend wie eine gute verkehrliche Erschließung. Eine Abwägung zu Ungunsten des typischen Landschaftsbildes einer Region führt zur Entwertung z.B. eines Industrie- oder Dienstleistungsstandortes.

Die Thüringer Vereine fordern daher die Landesregierung auf, die schützenswerten Lebensräume und Arten an die EU zu melden und somit deren Fortbestand und die einmalige Thüringer Kulturlandschaft zu sichern. Die Thüringer Regierung sollte alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Bevölkerung über die Chancen, die mit der FFH-Gebietsausweisung verbunden sind, zu informieren und aufzuklären.

Arbeitsgruppe Artenschutz Thüringen
Arbeitskreis Heimische Orchideen
BUND Thüringen
GRÜNE LIGA Thüringen
Heimatbund Thüringen
NABU Thüringen

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News Oktober 2003